Für eine Ed-Marchisierung der Motorradfahrer

Sonjas SR 125Horizons Unlimited – Unbegrenzte Horizonte, so hieß das Motorradreisetreffen, auf dem ich am vergangenen Wochenende war. Auf diesem Treffen kommen Menschen zusammen, die die Welt hauptsächlich mit dem Motorrad bereisen, sich austauschen oder inspirieren lassen wollen. Erschreckenderweise haben viele dieser Motorradreisenden einen sehr begrenzten, ja konservativen Horizont, wenn es um die Auswahl des Motorrades geht. Natürlich muß es ein „richtiges“ Adventurebike sein, so wie eine Yamaha Ténéré oder eine BMW R 1200 GS. Motorräder unter 600 Kubik werden belächelt oder rufen Unverständnis hervor. Auch dürfen selbstverständlich all die teuren Zubehörfeatures nicht fehlen, die das Mopped angeblich erst abenteuertauglich machen und mit denen in Wirklichkeit einige Ausstatter so richtig viel Geld verdienen. Aber wenn „Adventure“ draufsteht und ich dafür bezahle, dann muß ja auch „Adventure“ drin sein! Auch wenn mich mein aufgerüstetes Fahrzeug nur bis zur nächsten Cafebude in die Eifel bringt. Ted Simon schreibt im Vorwort seines Bildbandes, daß die Firmen, die dem „adventure biker“ all die angeblich unverzichtbaren Dinge verkaufen, daß Wort „Abenteuer“ sehr fragwürdig erscheinen lassen. „Große Abenteuer schon ab 12.995 €“ lautet der Titel einer Hochglanzwerbeanzeige für die Superténéré. Nur??? 12.995 € ??? Mein Motorrad hat 600 € gekostet. Das bedeutet, daß mir 12.395 € mehr für eine wirkliche Abenteuerreise bleiben als dem Superténérist. Sumatra statt Eifel! Aber so funktionieren halt die Sehnsuchtsbilder der Werbeindustrie. Öfters wurde ich gefragt, ob ich denn mittlerweile den „richtigen“ Führerschein und ein „richtiges“ Motorrad hätte. (Seit 2014 habe ich den A1 Führerschein und fahre eine Yamaha SR 125.) Wie bitte???? Diese Frage macht mich richtig wütend. 125er Maschinen sind in den Augen vieler Biker anscheinend keine „richtigen“ Motorräder. Natürlich habe ich einen „richtigen“ Führerschein und ein „richtiges“ Motorrad. Für mich! Eines, was von der Sitzhöhe und vom Gewicht für meine Größe „richtig“ ist. Und mir noch dazu „richtig“ gut gefällt. Ich ziehe mir ja auch keine Stiefel in Schuhgröße 44 an, obwohl ich eigentlich nur Größe 38 habe! Unter Bikern kursiert sogar die Frage: „Grüßt man auch 125er Moppedfahrer?“ Was soll denn dieser Kinderkram? Wie an der Schule, wenn es den 4. Klässlern peinlich ist, wenn sie von 1. Klässlern angesprochen werden. Ganz ehrlich, ich lege gar keinen Wert darauf, von solchen Leuten gegrüßt zu werden! Außerdem wird das Grüßen beim Fahren sowieso überbewertet. Ich konzentriere mich lieber auf die schöne Landschaft. So denkenden Menschen empfehle ich dringend eine Horizonterweiterung! Schließlich geht es doch nicht darum was man fährt sondern was man dabei erlebt!!! Diesbezüglich kann ich allen nur die Videos von Ed March ans Herz legen. Dieser verrückte, junge Brite fährt mit Honda C90 um die Welt und erlebt dabei ein Abenteuer nach dem anderen. Halt ein wahrer „adventure biker“…

26 Antworten auf „Für eine Ed-Marchisierung der Motorradfahrer“

  1. Ich wollte Dir erst antworten, aber dann fiel mir auf, dass Du nur eine 125er fährst und dann auch noch eine ohne Adventure-Namen, und so kann ich Dich leider nicht ernstnehmen. Schade, denn Du hast ja recht, aber trotzdem.

  2. Finde ich gut, was Du geschrieben hast. Es ist übrigens so, dass man mitunter auch schon mit einer Transalp belächelt wird. Ein Grund für mich in Zukunft die ccm meines Motorrades auch weiter zu reduzieren…

  3. Das mit der 125er ist hauptsächlich eine Kopfsache.
    Was jemand mit 16 fahren darf bzw. es in vielen Ländern Europa’s als zugabe zum Autoführerschein geschenkt gibt gillt halt vielen nicht als „echtes Motorrad“.

    Ich behaupte das eine Reise mit einem kleinen Motorrad eher ein Abenteuer ist als mit einem grossen. Natürlich sollte hier differenziert werden, aber mann sieht es halt dem Mokick nicht an ob es gerade in richtung Alpen/Kibbeling abenteurt, oder ob Opa Schabulke mit der Kreidler zum Kiosk knattert.
    Als Fahrer(in) jedoch, weisst du was du machst, und wie DU dich dabei fühlst.

    Was den Ausrüstungsfetisch anbelangt, Tja, ich weiss auch nicht, irgendwie hat das überhand genommen. Wenn ein Navi mit Halterung mehr kostet als ’ne gebrauchte 125er läuft doch was gewaltig schief. Ed March sagt eigentlich alles mit seinem „Touratwat“ Aufkleber 😉

  4. Wie wahr – Abenteuer passieren im Kopf und nicht im Geldbeutel. Allerdings ist der Begriff „Abenteuer“ ja schon fast negativ belegt – als Folge der Nutzung einer gigantischen Werbeindustrie – egal ob Motorrad, Zigaretten oder was auch immer.

  5. Natürlich kann man mit ner 125er genau so gut eine Motorradreise machen. Man muss nur nicht meinen, mit dem ganzen Gepäckskarsumpel in einer Gruppe von grösseren Maschinen mithalten zu müssen. Entweder sind die anderen bereit, ab und zu zu warten, sonst fährt man lieber alleine oder mit anderen kleinhubigen Fahrzeugen.

  6. Hallo Sonja.
    Ich gebe es zu, ich grüße normalerweise keine 125er Fahrer. Die grüßen aber normalerweise auch nicht (zuerst), gucken ungläubig und fallen beim zurück grüßen fast vom Motorrad. Fast so wie GS-Fahrer. 😉
    Darum grüße ich auch keine HD-Fahrer. Die einen sind zu cool um zurück zu grüßen (Rotlichtszene), die anderen sind Sonntagsfahrer (Ärzte, Anwälte oder irgendwas mit Medien). 😉

    Eine (deine) 125er ist für Abenteuerreisen in 3.Welt-Länder viel besser geeignet, als so ein schwerer Reisedampfer mit CAN-Bus und 1000 elektronischen Fahrhilfen. Niemand braucht 150PS Motorräder außerhalb Deutschlands. 25PS würden locker reichen (allein). Ich habe in Ecuador kaum Einheimische mit mehr als 100-200ccm Motorrädern fahren sehen. Selbst auf den Lehmpisten außerhalb sind die überall durch gekommen. Mit der dicken 1200er mit Propeller am Tank ist viel früher Schluss. Versuch mal, ein 250kg (plus Gepäck) Motorrad auf einem schmierigen Lehmpfad am Berg zu wenden, wenn du mit den Füßen kaum auf den Boden kommst.
    Außerdem bekommst du für deine 125 Reifen, Ersatzteile und Hilfe durch lokale Mechaniker in jedem 3.Welt-Djungel-Dorf.

    Meine XJ hat auch keine „Adventure“ Aufkleber, aber ich bin sicher, damit auf allen Straßen in Europa zurecht zu kommen. Über Stock&Stein will und kann ich damit nicht fahren. Reifen, Federung und Sitzposition… alles nix für tiefen Schotter, Sand oder Geröllpisten. Aber das geht mit dem Gepäck sowieso nicht. Da müsste ich mindestens 10kg abspecken (an Ausrüstung)!

    Das einzige, was du mit deiner 125er meiden solltest, sind Autobahnen…
    Viel Spaß und Glück bei allen Touren die du (ihr) diesen Sommer unternehmen wirst.
    Ein Satz Simson-Faltenbälge würden deinem Motorrad gut stehen und schützen die Gabelrohre vor Steinschlägen….

    Auf meiner Panoramio-Seite gibt´s Fotos vom HU-Treffen.

  7. Ich fahre „Motorräder“ (und Roller) zwischen 8 und 75 PS. Auch gerne lange und weit. Meine schönsten Reisen? Mit einer so 20PS- Enfield in die Pyrenäen, einer 8 PS- Vespa an den Gardasee und mit einem 12 PS-Dieselkrad auf die Lofoten. Mit der 75PS-BMW zum Inarisee war auch nett, aber die Geschindkeitsbegrenzungen waren plötzlich mehr als nervig. Von den ganzen Touratech-Treibern unterwegs waren genau 2 entspannt; 2 Engländer, die einen guten Schnaps dabei hatten. Der Rest? Gestresste, arrogante Detailplaner, die nur ihr „Kopfabentheuer“ von der Planung am PC in der Realität abreiten „mussten“.
    Jeder wie er mag; ich mag keine Touratech-Ausstellungs-Treffen und BMW-Adventure-Pimmellängenmessungen.

  8. Meine XT550 ist mittlerweile 33 Jahre alt und hat vor Kurzem die 500.000km-Marke geknackt. wir beide haben zusammen bis heute 23% aller Länder dieser Welt bereist und es werden sicher noch mehr dazukommen. Ob auf der Fernreise oder beim Hardcore-Endurowandern – es ist für mich das richtige Motorrad. Ich denke, das beurteilen zu können, denn ich habe auch noch andere im Stall.
    Ähnliche Kommentare wie Du bekomme auch ich immer wieder. Erst letzte Woche in Rumänien, wo ein Leichtenduro-Fahrer meinte, ich hätte das falsche Motorrad, die falschen Reifen und den falschen Helm. Warum ich mich gerade für diese Reifen, dieses Motorrad oder diesen Helm entschieden habe, hat er nicht gefragt. Was nicht in sein Denkschema passt, ist halt automatisch falsch.

    Von daher: Lass sie reden und mach Dein Ding!

  9. Abenteuer um 12.999 … ja, stimmt. BMW macht ja Werbung für sein neues Navi mit den Worten: „Damit jedes Abenteuer genau so abläuft wie geplant!“ Nein, ihr Heinis, wenn es genauso abläuft wie geplant, dann IST es kein Abenteuer!

  10. BMW-Fahrer haben wohl ein anderes Verständnis von Abenteuer…
    „Tag 53, heute übernachten wir zum ersten mal in unserem Zelt, das wir seit Beginn der Reise mit uns führen!“
    Zwei Münchner Systemjournalisten die auf ihren „GS“ von München nach Kapstadt gefahren sind.

    Aber am Besten sind immer noch die HD-Fahrer:
    „Ich habe eine Gruppenreise gemacht, auf gemieteten HD´s, mit Begleitfahrzeug, Mechaniker und immer im Hotel übernachtet….auf der Route 66! 😉

    Dann lieber mit einer Simson Schwalbe nach Afrika…

    Wobei: Ich finde das Ed March ein unheimlicher Depp ist, ein echter Dopehead!
    Als ich mein vorderes Ritzel verloren habe, mein Auspuff zum x-ten Mal abbrach, oder meine Frau unter dem Motorrad im Matsch lag, oder ich zwischen den Baggern und LKW´s die Anden rauf bin, war mein erster Gedanke nicht: Davon muss ich jetzt ein Video machen und es auf YouTube hochladen….

  11. Recht hast du … das ganze ist kopfsache … ich habe auch die letzten jahre downsizeing betrieben … weil erleben und geniesen nicht sache von Geschwindigkeit ist … wie kommt claudio mit downsizeing klar ….
    Gruss und bis zum mrt 2015
    Hertschi

  12. Ich kann Dir nur zustimmen. Mehr als 125ccm braucht man nicht, vorausgesetzt man hat Zeit. Schnelles Reisen ist damit nicht wirklich drin. Aber Ed z.B hat ja Zeit und was er mit seiner C90 schon gesehen hat… da kann manche GS nur träumen. Ich selbst fahre u.a. Honda Innova….
    Klar, die Geländetauglichkeit ist bei einer 125ger nicht in dem Maße vorhanden aber braucht man die denn wirklich? Zur Not schweißt sich Ed wahrscheinlich einen höheren Rahmen…. auch mit einer innova kommt man um die Welt… wenn man will… man muss nur erfinderisch sein.
    Allen eine unfallfreie und leichtfüßige Fahrt!!

  13. Hi!

    Ich schicke euch sonnige Grüße aus Cabo Da Gata!

    So weit kommt man ohne GS-BMW und ganz ohne Touratech-Equipment. Morgen geht es weiter in Richtung Gibraltar… aber ohne Eile. Sonntag bin ich los gefahren. Keine Maut-Autobahn. Das D in den Regionalstraßen in Frankreich steht überigens für „Damage“…die sind auch ziemlich kaputt. Mein „Weltreise-Motorrad“ habt ihr ja auf dem HU-Treffen gesehen..zumindest ist es ein „Europareise-Motorrad“. Defekte bisher: 1x Reifen flicken, das war aber nur ein alter „puncher“, der wieder undicht wurde!

    cu. Herr M. aus K.

  14. Habe gestern auf dem Weg zum Nordkap auch ganz viele GS-Fahrer gesehen, oder andere große Reiseenduros. Norweger nehmen dafür eine Goldwing, oder einen Audi R8 oder das Fahrrad! 😉
    Übrigens gibt es auf der Strecke tatsächlich eine Stelle, wo man eine Enduro brauchen könnte, eine 5km lange Baustelle vor Atta.. 😉

  15. Hallo
    erst mal ein großes Kompliment an Euch. Nach dem Artikel in der Motorrad Abenteuer begleiten mich eure Podcasts auf dem täglichen Weg zur Arbeit.

    Das ganze hoch Gezüchte geht meiner Meinung nach völlig am „Adventure“-Gedanken vorbei. Sicherlich alles keine schlechten Motorräder und auf deutschen Autobahnen super. Aber 150 PS und 300 kg Lebendgewicht machen sich im Himalaya nicht so praktisch.

    Ich selbst fahre „nur“ eine Sportenduro – BMW G450x. Vollgepackt mit Elektronik und 450 Kubik. Die Leistung rufe ich nie ab. Das wechseln des Kettensatzes dauert einen halben Tag. Und bei einer Spontanentladung der Batterie oder Feuchtigkeit im Benzinpumpenrelais muss ich wieder mal meine Frau mit dem Anhänger kommen lassen.

    Zurück zu alten DR 350 Zeiten – wobei ich die Einspritzung auch nicht mehr missen möchte:o)

    Macht weiter so.

    1. Achso, zur Zeit bin ich auf der Suche nach einer 50er Florett oder Zündapp. Auch das reicht zum reisen und die Leute gucken mindestens so wie bei der 1200 GS ;o)

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